Themen: Widerstand in Karlsruhe

Widerstand in Karlsruhe

Der Widerstand im Dritten Reich gegen den Nationalsozialismus war anfangs breit gefächert. Die Formen waren sehr unterschiedlich.  Es gehörten dazu Emigration, propagandistische Aktivitäten (Flugblätter), Streiks, Protestpredigten in der Kirche, Befehlsverweigerung in der Wehrmacht (z. B. des „Kommissarbefehls“ an der Ostfront), Eides- und Kriegsdienstverweigerung und auch die Hilfeleistung für Verfolgte (z. B. Juden, Sinti und Roma). Außerdem gab es noch einige feste Widerstandsgruppen und Parteien. Den stärksten offenen, aber dennoch erfolglosen Widerstand betrieb die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands). Die Kommunisten  riefen auf zu Generalstreiks, hissten Rote Fahnen auf den Dächern oder verteilten Flugblätter. Viele KPD-Mitglieder wurden in KZs verschleppt und starben dort erbärmlich. Später arbeitete die KPD, wie auch andere Widerstandsgruppen, nur noch im Untergrund und hoffte auf Unterstützung durch die SPD. Obwohl beide dasselbe Ziel verfolgten, im Hinblick auf den totalitären Herrschaftsstaat unter Hitler, grenzte die SPD sich weiterhin von den Kommunisten ab, wobei es örtlich auch Ausnahmen gab.

Neben dem Widerstand in den Parteien und Gewerkschaften gab es kleinere Widerstandsgruppen, wie z. B die „Weiße Rose“, die gegen Gleichschaltung, Diktatur und Obrigkeitsstaat ankämpften. Ihr Widerstandsinstrument waren vor allem Flugblätter. Es gab auch passiven Widerstand von Religionsgruppen wie z. B. den Zeugen Jehovas. Die Kirche insgesamt war eher systemstützend.

Der offene Widerstand erlahmte durch die brutale Haltung der NS-Organisationen sehr schnell. Im organisierten Untergrund sammelten sich jedoch besonders Vertreter der KPD und SPD zu kleinen Widerstandszirkeln. Auch einzelne Geistliche leisteten aktiven und passiven Widerstand.

„Wir sind wie Gefangene in einem großen Zuchthaus. Zu rebellieren wäre genauso Selbstmord, als wenn Gefangene sich gegen ihre schwerbewaffneten Aufseher erheben würden.“[1].

Die Unsicherheit und Angst begann schon zuhause mit der ständigen Existenzangst, denn die wirtschaftlichen Verhältnisse waren infolge der Arbeitslosigkeit zunächst miserabel. Man hatte Angst vor dem Krieg, davor, dass Familienangehörige und Freunde ums Leben kommen könnten. Angst vor Luftangriffen in Kellern und Bunkern. Angst vor der eigenen Umgebung, weil man kaum einem trauen konnte. Angst vor Verhaftung und Strafen in Gefängnissen, Arbeitslagern und Konzentrationslagern aus nichtigen Gründen. Dazu berichtet Gertrud M., die während des Dritten Reiches in Grötzingen wohnte und deren Familie zu den SPD-Anhängern zählte:

„Man hat so oft Angst gehabt, das glaubt man heut gar nicht. Jedes hat also um sein Leben Angst gehabt und hat dann gesagt: Ja, was ist? Wenn ich jetzt fortkomme, wenn die dich fortnehmen, da ist meine Frau da, meine Kinder, da ist kein Ernährer da … Also ich denk, dass man das heut nicht begreifen kann, warum jetzt alles resigniert und nichts unternommen hat. Wenn man da so mitgemacht hat[1].

Das Attentat vom 4. Juli 1944 hatte auch Auswirkungen auf Karlsruhe, da in diesem Zusammenhang der Rechtsanwalt und Widerstandskämpfer Reinhold Frank verhaftet und vom Volksgerichtshof in Berlin zum Tode verurteilt wurde. Das Urteil wurde sofort vollstreckt.

Durch das ausgeklügelte Bespitzelungssystem fielen den Machthabern viele Widerständler in die Hände. Schätzungen gehen davon aus, dass 600-700 Karlsruher Bürger und Bürgerinnen für ihre Überzeugung ins Gefängnis, Zuchthaus oder Konzentrationslager gehen mussten.

Leider muss man feststellen, dass der Widerstand insgesamt erfolglos blieb, wenn er auch für manche Einzelne das Leben verlängerte oder sogar rettete. Das System des Nationalsozialismus selbst war dadurch nicht gefährdet. Aber alleine die Tatsache, dass es trotz der immensen Todesgefahr Menschen gab, die mit ihren Mitteln sich dem System widersetzten, ist moralisch beachtenswert, denn: „Im Bereich der Moral kann auch eine erfolglose Handlung erfolgreich sein, wenn sie sinnvoll ist. Und der Widerstand gegen das Unrecht ist immer sinnvoll“[2].

Insgesamt standen auch in Karlsruhe die meisten Menschen dem System gleichgültig bis wohlwollend gegenüber[3].

artikel_politischer_widerstand_friedrich_ebert_stiftung_2010
1 MB | : PDF
flugblatt_rote_hilfe_1935
15 KB | : PDF
portraits_widerstand_vvn_karlsruhe
205 KB | : PDF
strassennamen-widerstandskaempfer
7 KB | : PDF
widerstand_in_karlsruhe_kpd
15 KB | : PDF
widerstand_in_karlsruhe_reinhold_frank
14 KB | : PDF
widerstand_in_karlsruhe_spd
13 KB | : PDF
widerstand_in_karlsruhe_zeugen_jehovas_ua
28 KB | : PDF
widerstandsgruppe_um_reinhold_frank
8 KB | : PDF
witz_als_passiver_widerstand
45 KB | : PDF
zeitzeuge_sommer_zum_widerstand
2 MB | : PDF
zeitzeuge_toni_p_kleinhans
6 KB | : PDF

Quellen

  1. Der Deutsche Widerstand 1933-1945, Informationen zur politischen Bildung 160, Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1974, S. 1.
  2. Aufstieg der NSDAP und Widerstand, Vorträge zur Stadtgeschichte, S. Asche, E.O. Bräunche, M. Koch, Stadtarchiv Karlsruhe, 1993.
  3. ab Wilhelm Leuschner, Gewerkschafter und Sozialdemokrat, 20. August 1939 in: Die Zeit, Nr. 30, 20 Juli 1984.