Themen: Schule und Nationalsozialismus

Schule und Nationalsozialismus

Vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war das Schulsystem der Weimarer Republik politisch neutral ausgerichtet und die Behörden achteten sehr darauf, dass dies auch eingehalten wurde. Die badische Regierung und das Kultusministerium versuchten zumindest in Teilen sich der aufkommenden braunen Gesinnung entgegenzustemmen. So wurde erlassen, dass in den Schulen weder Abzeichen noch Uniformen getragen und auch keine Flugblätter verteilt werden durften.

Der badische Innenminister Adam Remmele schrieb in einem Erlass am 19. Juni 1930 an die Direktoren: „Nicht vermeiden wird es sich lassen, dass auch mit Schulstrafen gegen die Schüler vorgegangen wird, die sich dem bestehenden Verbot parteipolitischer Betätigung nicht fügen.“[1]

In Karlsruhe wurden auch allzu eifrige Hitleranhänger gemaßregelt oder sogar aus dem Dienst entlassen. Offensichtlich aber waren viele Lehrer weniger der Weimarer Demokratie aufgeschlossen, als rassistischem und nationalem Gedankentum verhaftet. So vollzog sich nach der Machtergreifung 1933 der Übergang zur nationalsozialistisch ausgerichteten Pädagogik sehr rasch und weitgehend ohne größeren Widerstand.

Am 25. April 1933 wurde das „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ verabschiedet. Damit begann die staatlich organisierte Diskriminierung der jüdischen Schüler. Ihr Anteil an einer Schule durfte den Gesamtanteil aller Juden an der Bevölkerung im Deutschen Reich von 1,5% nicht übersteigen. Von da an mussten Eltern, die ihre Kinder an einer Schule anmeldeten, einen Nachweis für ihre rein „arische“ Abstammung bringen. Eine Aufnahme von nichtjüdischen Schülern war nur dann möglich, wenn der Vater einen Nachweis erbringen konnte für das Deutsche Reich oder einen seiner Verbündeten im Ersten Weltkrieg an der Front gekämpft zu haben.

Per Gesetz wurde die Kulturhoheit zentralisiert und damit gab das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung die Richtlinien aus. Ab 1937 mussten alle Beamten, also auch die Lehrer, den „Führereid“, einen Treueeid auf Hitler, leisten.

Bereits im März 1933 wurden die wichtigen Funktionen im Badischen Kultusministerium und den badischen Schulämtern mit NSDAP-Funktionären besetzt und die vor 1933 wegen ihrer politischen Betätigung für die NSDAP entlassenen Lehrer wiedereingestellt. Zum Badischen Kultusminister mit Sitz in Karlsruhe wurde Otto Wacker ernannt, der sich schon als regional Verantwortlicher für das NSDAP-Organ „Der Führer“ hervorgetan hatte. Sein besonderer Fanatismus wird schon im Artikel über das Konzentrationslager Kislau vom 3.11.1935 deutlich.[2]

Wacker entließ in Baden 78 Schulräte, die ihm als politisch nicht zuverlässig erschienen. Bis 1935 hatte er alle jüdischen Lehrer aus dem Schuldienst entfernt.

Schon bis Ende 1934 waren in Karlsruhe die Rektorenstellen mit Gefolgsleuten besetzt worden. Es gab u. a. folgende Umbesetzungen:

Wilhelm, Humboldtschule, ersetzt durch Dr. Jacki

Reich, Karlsruher Gymnasium (heute Bismarck), ersetzt durch Zimmermann

Franz, Lessingschule, ersetzt durch Ehret

Broßmer, Fichteschule, ersetzt durch Schaibel

Sallwürk, Helmholtzschule, ersetzt durch Eichler

Dr. Ott, Goetheschule, ersetzt durch Dr. Oeß

Die ehemaligen Direktoren wurden entweder in den Ruhestand versetzt oder entlassen, teils wurden sogar Disziplinarverfahren eingeleitet (z.B. bei Wilhelm). [3] Bei etlichen aus dem Staatsdienst entlassenen Beamten diente das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums als Grundlage.

1933 bereits wurden die Lehrer Dr. Franz Karl Rossbach vom Goethe-Gymnasium und Wilhelm Gauch vom Kant-Gymnasium verhaftet. 1943 wurde Alfred Kanzler, ebenfalls Kant-Gymnasium, von einem Schüler denunziert und in Schutzhaft genommen, an deren Folgen er 1945 verstarb.

Von den ca. 500 Lehrkräften an Karlsruher Schulen konnten im Rahmen der Entnazifizierung nur 34 Lehrer als „unbelastet“ eingestuft werden, alle anderen bekamen den Vermerk „belastet“. Das zeigt, dass sich ein hoher Anteil dieser Lehrer mit dem NS-Regime gut arrangiert hatte bzw. dessen Lehren sogar ausdrücklich vermittelte.[4]

Quellen

  1. GLA 233/27916, Erlass des Ministers der Kultus und Unterrichts v. 11.10.1929, Nr. B 35223.
  2. Der Führer vom 3.11.1935 – Stadtarchiv Karlsruhe.
  3. Brodesser, G. (2000) Spuren der Diktatur, Dissertation, Uni Karlsruhe 8.11.2000., S.51ff
  4. Brodesser, G. (2000) Spuren der Diktatur, Dissertation, Uni Karlsruhe 8.11.2000., S.338ff